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Fachbeitrag: Wie Grün- und Wasserflächen städtische Hitzestaus reduzieren

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2. Städtisches Grün und Wasser

2.1 Stadtklimatische Effekte von Pflanzen

Die Energiebilanz der städtischen Flächen kann durch die Menge, Art und Struktur von Pflanzen direkt an mehreren Stellen, hinsichtlich der Absorption, Speicherung und des Transfers von Energie, modifiziert werden. Die entscheidenden Mechanismen sind dabei Beschattung, Reflexion und Evapotranspiration [4]. Vegetation verhindert, dass ein bestimmter Teil der direkten kurzwelligen Sonnenstrahlen auf den Boden trifft, der damit weniger Energie aufnimmt und die darüber liegende Luft geringer aufheizt. Schatten spielt daneben vor allem eine zentrale Rolle beim Schutz der Bevölkerung vor direkter Sonneneinstrahlung, welche wesentlich für das Empfinden von Hitzebelastungen ist. Zusätzlich können Pflanzen, welche Fensterflächen ganz oder teilweise beschatten, den hausinternen Treibhauseffekt reduzieren und somit zu einem geringeren Energiebedarf für die aktive Kühlung der Gebäude beitragen.

Maßgeblich zur Kühlung tragen die Transpiration, bei der Wasser aus der Pflanze verdunstet wird, und die Evaporation, mit der die Verdunstung von Wasser vom Boden und außerhalb der Pflanze, sowie von Wasserflächen gemeint ist, bei. Zusammengefasst spricht man von der Evapotranspiration als der gesamten Menge an Wasser, die über einer begrünten Fläche verdunstet wird. Da ein Teil der kurzwelligen Sonnenstrahlung zur Verdampfung von Wasser genutzt und nicht in Wärmestrahlung umgewandelt wird, sind begrünte Flächen kühler als beispielweise Asphaltflächen [2].

Langwellige Wärmestrahlung wird von blattreichen Pflanzen reflektiert, sodass diese sich weniger vom anthropogenen Wärmeeintrag beispielweise aus dem Straßenverkehr aufheizen. Aufgrund der geringen Wärmekapazität von Blättern wird wenig Energie aus der Sonnenstrahlung gespeichert. Vor allem in den Abendstunden macht sich das bemerkbar, wenn die Pflanzen schneller auskühlen als die städtische Umgebung. Pflanzen können in der Stadt in Form von Parks, Gärten, Grünstreifen, einzelnen Bäumen und Alleen, aber auch als Fassaden- und Dachbegrünungen (siehe Bild 2) vorkommen.

Dachbegruenung

Bild 2: Der Kühleffekt von Dachbegrünungen – wie hier in Freiburg – kommt unten im Fußgängerbereich kaum noch an. Der Kühleffekt des Baumbestandes ist im Fußgängerbereich deutlich größer. (Foto: Nikolaus Geiler)

Zusammen können diese die durchschnittliche Temperatur einer Stadt senken, wenn sie auch im Einzelnen sehr unterschiedlich dazu beitragen: Messungen in Kalifornien und Portland (USA) konnten zeigen, dass die Tagestemperatur der Luft unter ausgewachsenen Bäumen 1,7 - 3,3 °C geringer ist, sodass der Unterschied zwischen warmen und heißen Gebieten maßgeblich vom Baumbedeckungsgrad abhängt [4]. Bäume bieten viel Schatten und können im Vergleich zu kleineren Pflanzen durch tiefe Wurzeln eine hohe Transpirationsleistung bieten, auch wenn die oberen Bodenschichten nur noch eine geringe Feuchte aufweisen.

Für die Stadt Nürnberg wurde am Beispiel einer Straße untersucht, welche Rolle die Straßenseite, bzw. die Ausrichtung zum Sonnenverlauf, für den Kühleffekt hat [5]. Das Ergebnis war, dass der thermische Effekt von Bäumen stärker ist, wenn sie der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind als wenn sie im Schatten stehen. Wenn Bäume weit auseinander stehen, scheint die kühlende Wirkung gering zu sein, doch in der Summe haben sie einen großen Einfluss. Ein einzelner Baum kann an einem sonnigen Tag eine Kühlleistung von 20 - 30 kW (etwa zehn Klimaanlagen) aufweisen [3]. Der Abstand, sowie der Kronendurchmesser sind aber entscheidend für die Beschattung und damit für die Hitzestressreduzierung durch direkte Sonneneinstrahlung auf den Menschen.

Einfluss von Parks auf die Lufttemperatur

Einen großen Beitrag zur Reduzierung der Lufttemperatur können Parks leisten. Sie haben eine sehr viel geringere Oberflächen- und Lufttemperatur, was sich zudem auf die angrenzenden Bereiche auswirkt. Die Kühlwirkung nimmt mit der Entfernung sehr viel geringer ab, abhängig von der Größe und Struktur des Parks. In Göteborg (Schweden) befindet sich ein Park mit 156 ha Größe, dessen Effekt über einen Kilometer gemessen wurde [3]. Je geringer die Kühlwirkung einer Grünfläche ist, desto enger beieinander müssen diese geplant werden. Die Struktur von Grünflächen ist jedoch entscheidend für den Einfluss auf die Lufttemperatur. Je mehr Bäume und Sträucher auf der jeweiligen Grünfläche wachsen, desto größer ist der Temperaturunterschied.

Grasflächen haben einen sehr viel schlechteren Effekt [6]. Es macht Sinn mehrere kleine Flächen zu schaffen, die eine hohe Kühlleistung aufweisen, als große Flächen mit wenigen oder gar keinen Bäumen. Interessant ist, dass Grünflächen vor allem dann am meisten Temperaturunterschied zur städtischen Umwelt aufweisen, wenn die klimatischen Bedingungen einer Hitzewelle herrschen [7]. Die Luft kühlt umso stärker ab, je länger sie in einem Park verweilt, sodass bei wenig Wind und heißer Umgebung der Effekt am stärksten ist.

Begrünte Dächer

Begrünte Dächer stellen vor allem deshalb eine gute Lösung dar, weil sie kaum mit anderen Nutzungsinteressen kollidieren. Bestehende Dächer lassen sich in Gründächer umwandeln, ohne dabei mit anderen Gebäuden um Grundfläche konkurrieren zu müssen. Weil Dachflächen einen großen Teil der städtischen Fläche ausmachen, auf der Sonneneinstrahlung umgesetzt wird, besteht hier eine gute Möglichkeit in die Energiebilanz einer Stadt einzugreifen. Sie isolieren die Gebäude und kühlen die darüber liegende Luft. Ein Nachteil von Dachbegrünung gegenüber Bäumen oder Parks ist deren Entfernung zum Boden. Je höher das Gebäude, desto niedriger ist der Effekt auf eine Verminderung der Temperatur im Fußgängerbereich [8]. In einer Studie in Arnheim (Niederlande) wurde der Effekt von Gründächern auf die Lufttemperatur einer Straße untersucht. Ausgehend von einer Hitzewelle, wie im Jahr 2003, und einem Anteil von 25 % Dachflächenbegrünung entlang der Straße, konnte in Bodenhöhe kein Effekt erzielt werden, da der Wind die kühlere Luft abtransportiert, bevor sie den Boden erreichen kann [9].

Die Vorteile von Dachbegrünungen liegen in der Isolierung, dem Beitrag zur Biodiversität, Staubbindung und der Wasserrückhaltung, aber deutlich weniger in der Hitzevorsorge [10]. Die wenigen Untersuchungen, welche sich mit dem großskaligen Kühleffekt von Dachbegrünung auf städtischer Ebene befassen, legen nahe, dass die Effizienz, in dem Fall das Verhältnis von begrünter Fläche zu reduzierter Lufttemperatur, sehr gering ist. So errechnet eine Studie für Toronto (Kanada) durch die Begrünung von 50 km2 Dachfläche eine Reduzierung der Luft- temperatur von 0,5 - 2 °C, eine andere Studie für Baltimore (USA) kommt zu dem Ergebnis, 90% der Dachflächen bepflanzen zu müssen, um die tägliche Höchsttemperatur einer 3-Tages-Hitzewelle um 0,5 °C reduzieren zu können [9].

Zusätzlich ist die Leistung von Gründächern extrem abhängig von der Verfügbarkeit von Wasser und der Art der Dachbegrünung. Je weniger Wasser die Pflanzen zum Verdunsten zur Verfügung haben, desto schlechter fällt die kühlende Leistung aus. Für Klimazonen mit wenig Sommerregen und starker Sonneneinstrahlung können sich Gründächer, aufgrund ihrer extrem schlechten Albedo in trockenem Zustand, sogar negativ auswirken. In diesen Klimazonen stellen „cool roofs“ (beispielsweise geweißte oder verspiegelte Dachflächen) die bessere Wahl dar, weil die Reflexionsleistung nicht auf Wasser angewiesen ist, während in gemäßigten Breiten Gründächer zu befürworten sind [8].

Eine aktive Bewässerung kann sicherstellen, dass die Verdunstung ausreichend stattfindet. Eine vielversprechende Möglichkeit ist es, Regenwasser in Zisternen aufzufangen und damit die Dächer kontinuierlich zu wässern oder Dachbegrünungssysteme anzuwenden, die ausreichend Wasser speichern. Beides hat den Vorteil, mit einer Dachbegrünung gleich zwei Folgen des Klimawandels zu begegnen. Einerseits der angesprochene Kühl- und Isolationseffekt und andererseits die Rückhaltung von Regenwasser bei Starkregenereignissen. Gründächer werden deshalb vor allem in Form von integrierten Klimaanpassungsstrategien und als Bestandteil des dezentralen Hochwasserschutzes umgesetzt.

2.2 Kühleffekte durch Wasser

Wasserflächen, fließende Gewässer und Brunnen haben einen kühlenden Effekt auf das städtische Klima. Ähnlich wie Pflanzen modifizieren sie stadtklimatische Energieflüsse, welche in der Summe zu einer geringeren Lufttemperatur führen können. Die Temperatur ober- und unterhalb der Wasseroberfläche unterscheidet sich von den umgebenden Straßen und Gebäuden. Dabei kann das Wasser selbst eine 2 - 6 °C niedrigere Temperatur annehmen [11]. Die darüber liegende Luft wird durch Evaporation gekühlt, wobei Sonnenenergie in latente Wärme umgewandelt und Wasserdampf an die Luft abgegeben wird. Abhängig von den lokalen Windverhältnissen reduziert sich somit die Lufttemperatur auch im Umkreis. So kann beispielsweise für einen kleinen Teich mit 4x4 Metern die Temperatur in 30 Meter Entfernung 1 °C kälter, auf der Leeseite eines Brunnens sogar 3 °C kälter sein [3]. Weil die Abkühlung mit der Evaporation zunimmt, können Brunnen und andere Installationen in denen Wasser zerstäubt wird, einen Beitrag zur Reduzierung der Hitzebelastung für die Bevölkerung leisten.

Ein weiterer Teil der Sonneneinstrahlung wird reflektiert. Vor allem aber besitzt Wasser eine hohe Wärmekapazität, sodass auftreffende Strahlungsenergie in großen Mengen gespeichert wird. Fließende Gewässer transportieren die Energie aus der Stadt, sodass die Energie im Vergleich zu stehenden Wasserflächen nicht mehr in die urbane Umgebung abgegeben wird. Bei stehenden Gewässern kommt es zudem zu einer Rückerwärmung der Umgebung vor allem in den frühen Morgenstunden, wenn die Lufttemperatur kühler als die Wasseroberfläche ist. Gerade nachts, wenn der Wärmeinsel-Effekt am stärksten ist, und vor allem in den späten Sommermonaten fehlt somit der Kühleffekt von aufgeheizten stehenden Gewässern [11]. Dem positiven kühlenden Effekt, der dann am stärksten ist, wenn über den Tag unter Sonneneinstrahlung Evaporation stattfindet, steht damit ein negativer Effekt während der Nacht gegenüber.

Oberflächen-, Baum- und Wassergestaltung

Die Ausprägung des städtischen Klimas an einem konkreten Platz zu bestimmten Jahres- und Tageszeiten ergibt sich, neben der Ausstattung hinsichtlich von Grün- und Wasserflächen, vor allem aus der baulichen Struktur. So müssen planerische Umgestaltungen immer alle klimatisch relevanten Aspekte mit einbeziehen und für den konkreten Stadtbereich ermitteln. Eine ausführliche Untersuchung über die klimatischen Auswirkungen durch eine Umgestaltung eines Platzes hinsichtlich der Oberflächen-, Baum- und Wassergestaltung existiert für den Platz der Alten Synagoge in Freiburg [12]. Die Maßnahmen beinhalten das Pflastern des gesamten Platzes mit hellen Granitplatten, das Reduzieren der Baumanzahl und das Ersetzen von Bäumen durch jüngere und kleinere Bäume, sowie die Installation eines Wasserspiegels in der Größe der Grundfläche der Alten Synagoge.

Dabei stellte sich heraus, dass sich nach dem geplanten Umbau das lokale Kima verändern wird: Die größte Veränderung ist ein stärkeres Aufheizen des Zentrums des Platzes im Sommer, was auf die Reduzierung der Bäume zurückzuführen ist. Die Wasserfläche soll dagegen keinen Effekt auf die Lufttemperatur des Platzes haben [12]. Hier wird deutlich, welches Gewicht Beschattung und Transpiration durch Bäume für das städtische Klima gegenüber stehenden Wasserflächen haben.

Um die Verdunstung von Wasser zu steigern, bietet es sich an, Wasserpflanzen mit hoher Transpirationsleistung einzusetzen. Auch hier ist eine Kombination verschiedener Klimaanpassungsmaßnahmen denkbar. Anstatt Regenwasser in die zentrale Kanalisation abzuführen, können lokale dauerfeuchte Vegetationsflächen und Gewässer mit schwimmenden Vegetationsflächen geschaffen werden. Ein Beispiel ist die 50er-Jahre Siedlung Bausemshorst in Essen-Altenessen, wo nach einem Umbau das Regenwasser in flachen Mulden und Rigolen versickert und darüber hinaus noch durch ein bepflanztes Wasserbecken geleitet wird [10].

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