4. Die drei Unveränderlichen: Grundlage für ein gutes Bild
4.1 Fokus
Ein professionelles Wärmebild ist immer fokussiert und scharf. Das Objekt und das Wärmemuster müssen klar und deutlich zu erkennen sein. Ein unscharfes Wärmebild wirkt nicht nur unprofessionell und erschwert die Identifizierung des Objektes und der Fehlerstelle, es verursacht zudem Messfehler, die umso gravierender sind, je kleiner das Messobjekt ist. Auch wenn alle anderen Parameter richtig eingestellt sind, werden die Messwerte eines nicht fokussierten Wärmebildes mit hoher Wahrscheinlichkeit falsch sein.
Selbstverständlich spielt auch die Größe der Detektormatrix bei der Bildqualität eine Rolle. Bilder von Kameras mit kleineren Detektoren (d.h. mit weniger Pixeln) sind unschärfer oder „grober“ und es entsteht leicht der Eindruck, sie seien nicht fokussiert. Dabei ist auch zu beachten, dass nicht jede Kamera fokussiert werden kann, und in diesem Falle der Abstand vom Objekt die einzige Fokussiermöglichkeit darstellt.
4.2 Temperaturmessbereich
Bei handgehaltenen ungekühlten Mikrobolometerkameras ist die „Belichtungszeit“ durch die Bildwiederholfrequenz sozusagen voreingestellt. Somit kann nicht frei gewählt werden wie lange, und damit wieviel Strahlung auf den Kameradetektor fällt. Deshalb muss ein passender Temperaturmessbereich gewählt werden, der der einfallenden Strahlungsmenge entspricht. Bei Auswahl eines zu niedrigen Temperaturmessbereichs wird das Bild übersättigt, da Objekte höherer Temperatur mehr Infrarotstrahlung abstrahlen als kältere Objekte. Wird ein zu hoher Temperaturmessbereich gewählt, ist das Wärmebild sozusagen „unterbelichtet“ und wird undeutlich, wie Sie in Bild 4 sehen.
Für eine Aufnahme bzw. Temperaturmessung sollte daher der niedrigste mögliche in der Kamera verfügbare Temperaturmessbereich gewählt werden. Gleichzeitig muss dieser die höchsten Temperaturen im Bild abdecken. Je nach Kameramodell und Einstellungsmöglichkeiten können über- bzw. untersteuerte Bereiche auch mit einer Kontrastfarbe angezeigt werden.
4.3 Bildausschnitt und Abstand zum Objekt
Der Ausleuchtung in der Fotografie entspricht das Zusammenspiel von Objektstrahlung und reflektierter Umgebungsstrahlung, wobei letztere stört und zumindest Punktreflexionen vermieden werden sollten. Dies geschieht durch Aufsuchen einer geeigneten Aufnahmeposition. Diese sollte auch so gewählt sein, dass auf dem Bild das Objekt von Interesse zu sehen ist und nicht verdeckt wird. Dies mag selbstverständlich erscheinen, doch gerade im Gebäudebereich habe ich schon viele Berichte gesehen, in denen die zu untersuchenden Leitungen oder Fenster von Sofas, Zimmerpflanzen oder Gardinen verdeckt waren. Die folgende Abbildung illustriert diesen doch viel zu oft vorkommenden Fall.
Wichtig ist auch, dass das zu untersuchende Objekt, bzw. dessen interessanten Bereiche das Wärmebild ausfüllen. Dies gilt vor allem bei der Temperaturmessung von kleinen Objekten. Der Messfleck eines einzelnen Detektors muss vom Objekt vollständig ausgefüllt sein, um korrekte Temperaturmessung zu ermöglichen. Da das Bildfeld und damit die Messfleckgröße durch die Entfernung zum Objekt und die Optik definiert sind, muss in diesen Fällen der Abstand zum Objekt verringert werden („näher ran!“) oder ein Teleobjektiv gewählt werden.
5. Die Veränderlichen – Bildoptimierung und Temperaturmessung
5.1 Level und Span
Nach Wahl des geeigneten Messbereiches (siehe 4.2) erfolgt die Feinjustierung von Kontrast und Helligkeit im Wärmebild durch das Anpassen des angezeigten Temperaturintervalls. Im manuellen Modus können die in der Palette verfügbaren Falschfarben gezielt auf die Temperaturen des Objektes von Interesse verteilt werden. Im automatischen Modus wählt die Kamera dagegen die kälteste und wärmste scheinbare Temperatur im Bild als untere und obere Grenze des momentan angezeigten Temperaturintervalls.
Eine gute, d.h. problemspezifische Skalierung des Wärmebildes ist ein wesentlicher Schritt bei der Interpretation des Bildes und wird leider häufig unterschätzt.
Bild 8: Wärmebild im automatischen Modus (links) und im manuellen Modus (rechts). Das angepasste Temperaturintervall erhöht den Kontrast im Bild und lässt die Fehlstelle deutlich werden. (Quelle: FLIR Systems GmbH)
5.2 Paletten und Isotherme
Paletten stellen Intervalle mit jeweils gleichen scheinbaren Temperaturen in unterschiedlichen Farben dar. Sie übersetzen also eine bestimmte Strahlungsintensität in eine spezifische Farbe. Häufig verwendete Paletten sind die Grau-, Eisen- und Regenbogenpalette. Grautöne sind besonders geeignet, um kleine geometrische Details aufzulösen aber weniger gut für die Anzeige kleiner Temperaturunterschiede. Die Eisenpalette ist sehr intuitiv und damit auch für Laien leicht zu verstehen. Sie bietet eine gute Balance zwischen geometrischer und thermischer Auflösung. Die Regenbogenpalette ist bunter und wechselt zwischen dunklen und hellen Farben. Dadurch ergibt sich ein starker Kontrast, welcher bei Objekten mit unterschiedlichen Oberflächen oder vielen unterschiedlichen Temperaturen zu einem sehr unruhigen Bild führen kann.
Die Isotherme ist eine Messfunktion, die ebenfalls ein bestimmtes Intervall gleicher scheinbarer Temperatur, bzw. Strahlungsintensität in einer – von den Palettenfarben abweichender – Farbe darstellt. Mit ihr können Wärmemuster im Bild noch deutlicher hervorgehoben werden.
5.3 Objektparameter
Nicht nur das Wärmebild und seine visuelle Darstellung können bei radiometrisch gespeicherten Bildern nachbearbeitet werden. Es ist auch möglich, die Einstellungen zu ändern, die relevant für die Berechnung der Temperaturen sind. Für die Praxis heißt das, dass z.B. der Emissionsgrad und die reflektierte scheinbare Temperatur in Nachhinein geändert werden können. Sollte man feststellen, dass diese Parameter falsch eingestellt waren oder möchte man später weitere Messpunkte auf anderen Oberflächen hinzufügen, so werden die Temperturmesswerte im Bild den Änderungen entsprechend neu und richtig berechnet.
Bild 11: Ändern des Emissionsgrads am gespeicherten Bild. Die Maximaltemperatur beträgt im linken Bild 65,0 °C bei ε=0,95 und im rechten Bild 77,3 °C bei ε=0,7. (Quelle: FLIR Systems GmbH)