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IG-Infrarot

Der Runde Tisch der Infrarotheizungsbranche mit anschließender Konferenz etabliert sich als Branchentreff und Wissensplattform rund um Infrarotheizungen. Auf dem diesjährigen Runden Tisch drehte es sich um Weiterentwicklungen in der Branche und die Etablierung von Qualitätsstandards. Auf der Konferenz „Die Infrarotheizung im Bestandsgebäude“ belegten Studien und Praxisbeispiele die Anwendungsbandbreite von Infrarotheizungen im Bestand und zeigten sinnvolle Kombinationen mit anderen Wärmeerzeugern auf.

Zwei intensive, gehaltvolle und gesellige Tage im Zeichen der Infrarotheizung: Das waren der 4. Runde Tisch der Infrarotheizungsbranche und die Konferenz „Die Infrarotheizung im Bestandsgebäude“ am 10./11. April 2024 in Würzburg. Eingeladen hatte der Branchenverband IG Infrarot Deutschland e.V., der mit diesen Veranstaltungen eine Plattform für den Wissensaustausch, zum Netzwerken und zur Informationssammlung zu den elektrisch betriebenen Heizungen schaffen wollte. „Wir freuen uns sehr, dass unser Angebot so gut angenommen wird und die Veranstaltungen sich als Branchentreff, aber auch als Anlaufpunkt, um sich über Anwendungsmöglichkeiten und die Technik zu informieren, etabliert haben“, sagt Lars Keussen, erster Vorsitzender des IG Infrarot Deutschland e.V.

74 Branchenvertreterinnen und -vertreter aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden nahmen an dem Runden Tisch teil, 90 Personen an der Konferenz, darunter auch Entscheider von Wohnungsunternehmen, Energieberater und Planer. 2021 hatte die IG Infrarot Deutschland zum ersten Mal zum Runden Tisch der Infrarotheizungsbranche eingeladen, an dem rund 35 Hersteller, Inverkehrbringer und Wissenschaftler teilnahmen. Seit dem vergangenen Jahr gibt es im Anschluss an diese brancheninterne Veranstaltung noch eine Konferenz, die auch für Interessenten aus anderen Branchen offen ist.

4. Runder Tisch der Infrarotheizungsbranche – Brancheninterner Austausch

Der diesjährige Runde Tisch der Infrarotheizungsbranche am 10. April 2024 begann mit dem Thema Regelung und Steuerung von Infrarotheizungen mit einem Vortrag von Prof. Dr.-Ing. Martin Becker von der Hochschule Biberach. Er zeigte auf, wie Infrarotheizungen in die Raumautomation, Energiemanagementsysteme und komplexe Gebäudetechnik eingebunden werden können. Außerdem erläuterte er hybride Systemlösungen in Kombination mit Infrarotheizungen: zum Beispiel mit Fußbodenheizungen, Heiz-/Kühldecken oder auch Thermoaktiven Bauteilsystemen (TABS), wobei diese dann jeweils die Grundlast und die Infrarotheizungen die Spitzenlast decken. „Aus automatisierungs- und systemtechnischer Sicht sollte das Ziel einer möglichst guten thermischen Behaglichkeit bei gleichzeitig möglichst energieeffizienter Betriebsweise verfolgt werden“, sagt Becker und sprach deshalb auch von einer energieeffizienten thermischen Behaglichkeitsregelung.

„Neben solchen hybriden Konzepten sind aber auch Stand-alone-Lösungen in modernen gut gedämmten oder enttechnisierten Gebäuden möglich, in denen die Infrarotheizung die Hauptheizung ist oder aufwändige Steuerungen nicht unbedingt notwendig sind“, ergänzt der Verbandsvorsitzende Lars Keussen.

Etablierung von Qualitätsstandards

Am Nachmittag drehte es sich unter anderem um Weiterentwicklungen in der Infrarotheizungsbranche. Schon seit ein paar Jahren ist es das Ziel der IG Infrarot Deutschland und anderer Branchenverbände, Standards zu etablieren und so Transparenz im Markt zu schaffen und privaten Verbrauchern und gewerblichen Investoren Orientierung und Sicherheit bei ihren Entscheidungen zu bieten.

Ein erster Schritt war im Jahr 2021 die Einführung der Norm IEC 60675-3, in der Prüfverfahren zur Messung des Strahlungswirkungsgrades von Infrarotheizgeräten definiert wurden. Der Strahlungswirkung ist das wichtigste Kriterium, um Infrarotheizungen von anderen Elektrodirektheizungen zu unterscheiden. Er gibt an, wie hoch der Anteil der Strahlungswärme ist, die auf Oberflächen im Raum trifft. Sie ist zu unterscheiden von der Konvektionswärme, die an die Raumluft abgegeben wird, und kommt schneller bei den Oberflächen an. Laut Norm muss der Strahlungswirkungsgrad mindestens 40 Prozent betragen, damit ein Gerät als Infrarotheizung bezeichnet werden darf.

Viele Infrarotheizgeräte nach der Norm gemessen

Ein Prüflabor, das diese Messungen nach der Norm IEC 60675-3 durchführt, ist das „Combined Energy Lab“ der Technischen Universität Dresden. Lars Schinke, Leiter des Labors, informierte auf dem Runden Tisch über den aktuellen Stand. 58 Infrarotheizgeräte für die Wandmontage und 49 Geräte für die Deckenmontage hat das Institut seit Veröffentlichung der Norm bereits gemessen. Bei dem Großteil der Geräte lagen die Messergebnisse deutlich über dem Mindestwert 40 Prozent.

Einen Schritt weiter geht nun noch der europäische Branchenverband European Infrared Heating Alliance (EIHA). Bas Spekreijse, 1. Vorsitzender der EIHA, stellte in Würzburg zusammen mit Walid Atmar von der EIHA ein neues Gütesiegel für Infrarotheizungen vor. Das „European Quality Label for Infrared Heating“ wurde von den IG Infrarot-Landesverbänden Deutschland, Österreich und Benelux in Kooperation mit der niederländischen Stichting Binnenklimaattechniek (Stiftung Raumklimatechnik) und dem Beratungsunternehmen und Testlabor Peutz entwickelt. Eines der Kriterien für den Erhalt des Labels ist die zertifizierte Messung des Strahlungswirkungsgrades gemäß Norm IEC 60675-3. Anträge können nun eingereicht werden, ab dem 1. Juli 2024 wird das neue Gütesiegel erteilt.

Konferenz „Die Infrarotheizung im Bestandsgebäude“

Auf der Konferenz am 11. April 2024 drehte es sich um Infrarotheizungen in Bestandsgebäuden. Zunächst gab Prof. Dr.-Ing. Bert Oschatz, Geschäftsführer des Instituts für Technische Gebäudeausrüstung ITG Dresden, einen Überblick über das aktualisierte Gebäudeenergiegesetz (GEG). Zu den acht vorgestellten Erfüllungsoptionen, um mit mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien zu heizen, zählen auch Stromdirektheizungen.

In Neubauten sowie in Bestandsgebäuden mit Warmwasserheizung muss der bauliche Wärmeschutz Effizienzhaus-Standard 40 entsprechen, um Infrarotheizungen einzubauen. Dabei gelten für den Bestand wichtige Ausnahmen: Wohnen die Eigentümer von Ein- oder Zweifamilienhäusern selbst in dem Haus, werden Einzelgeräte ausgetauscht oder handelt es sich um Hallen mit dezentralen Heizungen und über vier Meter Raumhöhe, sind keine Vorgaben für den baulichen Wärmeschutz zu erfüllen. In bestehenden Gebäuden ohne Warmwasserheizung verlangt das GEG baulichen Wärmeschutz gemäß Effizienzhaus-Standard 55. Oschatz betonte, dass generell keine Anforderungen für Zusatzheizungen zu erfüllen sind, wenn die sonstige Heizung bereits die 65-Prozent-Erneuerbare Energien-Vorgabe erfüllt.

Förderung für Infrarotheizungen unter gewissen Voraussetzungen

Die Berechnung, ob die 65 Prozent erneuerbare Energien erfüllt sind, stellt viele Heizungsbauer, Energieberater und Planer noch vor Herausforderungen. Deshalb soll voraussichtlich im Mai eine Rechenregel als DIN/TS 18599-14 erscheinen, welche die Berechnung erleichtert. Oschatz erläuterte, wie der Deckungsanteil nach DIN V 18599 (Vornormenreihe DIN V 18599 „Energetische Bewertung von Gebäuden“) ermittelt werden kann. Anschließend informierte er über die Bundesförderung im Gebäudebereich. Für Infrarotheizungen gilt aktuell: Ist der Einbau von Infrarotheizungen als Einzelmaßnahme geplant, gibt es in der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) keine Förderung dafür. Wird jedoch ein Bestandsgebäude auf Effizienzhausniveau 55 oder 40 saniert oder ein neues Gebäude als klimafreundlicher Neubau errichtet, sind Infrarotheizungen im Rahmen des Gesamtprojektes förderfähig.

Oschatz wies darauf hin, dass durch die geringeren Anlagenkosten beim Einsatz von Infrarotheizungen anteilig eine höhere Förderung für die baulichen Maßnahmen möglich ist als beispielsweise bei einem Wärmepumpensystem mit Flächenheizung.

Studie der TU Dresden: Infrarotheizungen in fünf Gebäudeklassen

Im Anschluss präsentierte Prof. Dr.-Ing. habil. Joachim Seifert, Bereichsleiter Gebäudeenergietechnik am Institut für Energietechnik an der Technischen Universität Dresden, Ergebnisse der Studie „Energetische Bewertung des Einsatzes einer Infrarotheizung als Spitzenlastabdeckung in Kombination mit einer Wärmepumpe für verschiedene Bestandsgebäude“. Im Auftrag der IG Infrarot Deutschland haben die Forscher der TU Dresden die Studie vom vergangenen Jahr, bei der ein Einfamilienhaus mit Wärmeschutzstandard 1995 zugrunde gelegt wurde, auf weitere Gebäude ausgedehnt. In Teil 2 der Studie analysierten sie den Einsatz von Infrarotheizungen zur Abdeckung der Spitzenlast in fünf Baualtersklassen. Es handelt sich um Gebäude mit den Wärmeschutzklassen Baujahr 1950, WSVO77, WSVO95, EnEV04 und einen Neubau in Anlehnung an KfW Effizienzhaus Standard 40. Sobald der Abschlussbericht vorliegt, wird die IG Infrarot Deutschland detailliert über die Ergebnisse informieren.

An dieser Stelle vorab das Fazit von Professor Joachim Seifert. Grundlage dabei ist, dass jederzeit eine definierte thermische Behaglichkeit eingehalten wurde. „Die Studie hat die grundlegende Nutzbarkeit von Infrarotheizungen für alle Gebäudeklassen bestätigt. Und es können hohe Deckungsanteile der Infrarotheizung bei reduzierter Leistung von Wärmepumpensystemen erreicht werden“, resümierte der Wissenschaftler. Wirtschaftliche Analysen zu den untersuchten Systemkombinationen fanden in der Studie keine Berücksichtigung. Sie sollen, da jetzt eine technische Gesamtschau vorliegt, zeitnah ergänzt werden.

Lars Keussen von der IG Infrarot ergänzt zum Ergebnis der Studie der TU Dresden: „Bei älteren Gebäuden hat man durch den zusätzlichen Einbau von Infrarotheizungen und kleiner Wärmepumpe zwar höhere Investitionskosten, die Infrarotheizungen werden aber energetisch immer sinnvoller, je älter das Gebäude ist. Bei jüngeren beziehungsweise neuen Gebäuden kann die Anlagentechnik stark reduziert werden. Konzepte, die hier eine monoenergetische, monovalente Technologie wie beispielsweise Infrarotheizungen einsetzen, werden zunehmend mehr im Fokus der Betrachtungen stehen.“

Quelle: IG Infrarot

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